Änderung Sexualstrafrecht: „Ja“ zum „Nein heißt Nein“
Weil es so wichtig ist: Noch einmal ein Betrag zum Thema “Änderung Sexualstrafrecht” und damit zum vielzitierten „Nein heißt nein“. Denn zu ersterem hat der Bundestag am 07. Juli 2016 nun tatsächlich „ja“ gesagt und beschlossen das Sexualstrafrecht zu reformieren. Der entsprechende Gesetzentwurf steht bereits. In Kraft getreten ist die juristische Neuauslegung von sexuellem Missbrauch, sexueller Nötigung und ähnlichen Vergehen jedoch noch nicht.
Vielleicht geht es Ihnen, lieber Leser, ähnlich wie mir - ganz gleich, ob Sie Nicht-Jurist sind oder Anwalt für Sexualstrafrecht: Als erwachsener Mensch mit einem gesunden und lustvollen Verhältnis zur Sexualität erscheinen einem der Slogan „Nein heißt Nein“ und damit auch die so genannte Reform des Sexualstrafrechts derzeit als medialer Dauerbrenner.
Gretchenfrage: Ab wann ist es eine Vergewaltigung und damit strafbar?
Ich bin sicherlich keine Frau, die erzwungenen Sex – sei es mit einer Frau oder einem Mann als Opfer – gutheißt. Wobei zu klären bleibt, ob er von der Frau (oder dem Mann) wirklich erzwungen wurde und nachweisbar ist, dass der Geschlechtsverkehr unvereinnehmlich stattfand.
Meines Erachtens sieht die Realität mitunter aber ganz anders aus: Aus den unterschiedlichsten Motiven wie Rache, Eifersucht, Enttäuschung oder dem versuchten Verbergen eines Seitensprungs wird der Geschlechtsverkehr erst im Nachhinein zu erzwungenem Sex gemacht, also zu einer vorgetäuschten Vergewaltigung.
Nunmehr soll es ja noch einfacher werden mit dem „Umfunktionieren“. Womit wir wieder bei der anstehenden Reform wären.
Änderung Sexualstrafrecht: Fall Gina-Lisa Lohfink bringt Stein ins Rollen
Wie fing das Ganze - die weitere Reform des Sexualstrafrechts - denn eigentlich an? Mit den Silvester-Übergriffen in Köln? Seitdem sind sexuelle Nötigung, Missbrauch und deren juristische Feinheiten gänzlich in der Öffentlichkeit angelangt. Oder fußt das neue Gesetz zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung wirklich auf dem Fall Gina-Lisa Lohfink? Auch seit Bekanntwerden ihres Falls steht die geplante Neuerung des Sexualstrafrechts bei einer breiten Masse der Bevölkerung auf der Tagesordnung.
Bekanntermaßen soll Frau Lohfink zwei Liebhaber, mit denen sie eine Nacht verbracht hatte, zu Unrecht des sexuellen Missbrauchs beschuldigt haben. Für diese Anschuldigung ist sie zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Diese Strafe hat sie nicht akzeptiert, sondern vielmehr an ihrer Beschuldigung des sexuellen Missbrauchs festgehalten, da der Geschlechtsverkehr ja gegen ihren Willen stattgefunden habe. So war auch auf dem Video, das von einem der Männer beim Geschlechtsverkehr aufgenommen wurde, gegen Ende hin tatsächlich ein kurzes „Hör auf“ von Frau Lohfink zu hören. Dabei war jedoch unklar war, ob sich dieses „Hör auf“ auf den Video-Mitschnitt oder den Sex bezog.
Gegenwehr wird künftig neu bewertet
Im Ergebnis der Sexualstrafrechtsreform erhält das „Hör auf“ nun also eine neue Bedeutung.
Denn bislang galt eine Vergewaltigung als verwirklicht, wenn das “Opfer” aktiven oder zumindest zu erwartenden Widerstand leistet, über den sich der „Täter“ hinwegsetzt. Er musste also Gewalt anwenden, um eine Vergewaltigung zu begehen. Ein bloßes „Hör auf“ oder Weinen reichte dabei gerade dann nicht aus, wenn seitens des Täters weder eine schutzlose Lage ausgenutzt noch mit Gefahren für Leib oder Leben gedroht wurde.
Das soll sich nun ändern. Denn entsprechend der Reform des Tatbestands der Vergewaltigung genügt nunmehr bereits der erkennbar entgegenstehende Wille für die Verwirklichung einer Vergewaltigung.
Das heißt: Eine Vergewaltigung setzt gerade keine Gewalt mehr voraus.
Es gilt also künftig das Prinzip "Nein heißt Nein". Sexuelle Handlungen trotz bloßer Ablehnung des „Opfers“ - zum Beispiel verbaler Art oder durch Weinen - sind nunmehr eine Vergewaltigung. Körperliche Gegenwehr des „Opfers“ ist demnach nicht mehr erforderlich.
Das Problem bleibt nur: Ab wann ist der entgegenstehende Wille für den potentiellen „Täter“ genau erkennbar? Diese Grauzone bedeutet abermals immense Interpretationsspielräume, denn das Gesetz definiert ja gerade nicht, wann der entgegenstehende Wille erkennbar sein soll – und wann eben nicht.
Zumal sich an der Beweislage ja nichts ändert. Vielmehr steht es nach einer mutmaßlichen Vergewaltigung Aussage gegen Aussage. Es bleibt also auch weiterhin Sache des Gerichts, wen es für glaubwürdiger hält.
Neues Sexualstrafrecht 2016: Und die Strafe für’s „Grapschen“?
Der Bundestag hat am 07. Juli 2016 in seinem Gesetzentwurf zudem folgenden Beschluss gefasst: „Grapschen“ ist nun endgültig eine Straftat. Es kann als sexuelle Belästigung mit einer Strafe von bis zu zwei Jahren Freiheitsentzug geahndet werden.
Ebenfalls verschärft wurde der Paragraph zum sexuellen Missbrauch an widerstandsunfähigen Personen: Er soll zukünftig unter den Vergewaltigungsparagraphen fallen.