§ 176a StGB: Ermittlungsverfahren eingestellt – warum der Verdacht nicht reichte
Ein schwerer Vorwurf, aber keine belastbaren Beweise: In diesem Beitrag erfahren Sie, wie ein Verfahren wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes (§ 176a StGB) mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt wurde. Im Mittelpunkt stehen die typische Aussage-gegen-Aussage-Situation, Widersprüche in der Darstellung, fehlende digitale Nachweise und die entscheidende Frage, ob die Staatsanwaltschaft den Tatnachweis überhaupt mit der erforderlichen Sicherheit führen kann.
Einstellung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Vorwurfs sexuellen Missbrauchs eines Kindes (§ 176a StGB)
In einem umfangreichen Ermittlungsverfahren verteidigte ich einen Mandanten, dem vorgeworfen wurde, sexuelle Handlungen an einem minderjährigen Mädchen vorgenommen zu haben. Die Anzeigeerstatterin schilderte Vorgänge, die sich mehrere Jahre zuvor ereignet haben sollen. Die Staatsanwaltschaft prüfte den Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes (§ 176a StGB) – ein Delikt, das mit hohen Freiheitsstrafen bedroht ist.
Bereits zu Beginn der Verteidigung war erkennbar, dass der Akteninhalt keinen hinreichenden Tatverdacht trug. Weder lagen objektive Beweismittel vor, noch gab es Tatzeugen. Die Vorwürfe stützten sich allein auf die Aussage der Anzeigeerstatterin – ein klassischer „Aussage-gegen-Aussage“-Fall.
In meiner Verteidigererklärung legte ich dar, dass die Darstellung der Zeugin in sich widersprüchlich war und sich weder zeitlich noch inhaltlich sicher belegen ließ. Auch die von ihr beschriebenen digitalen Kommunikationsinhalte konnten nicht vorgelegt werden. Die Einlassung des Mandanten, wonach der Kontakt erst nach Vollendung des 14. Lebensjahres der Zeugin und einvernehmlich stattgefunden habe, ließ sich nicht widerlegen.
Ich zeigte zudem auf, dass zwischen dem behaupteten Geschehen und der Anzeigenerstattung fast sechs Jahre lagen, die Zeugin zwischenzeitlich therapeutisch behandelt worden war und mehrfach mit Dritten über den Vorfall gesprochen hatte – Umstände, die die Entstehung von Erinnerungsverzerrungen oder Suggestionen begünstigen können.
Die Staatsanwaltschaft folgte der Argumentation der Verteidigung:
„Ein Tatnachweis ist nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit zu führen.“
Das Ermittlungsverfahren wurde daraufhin gemäß § 170 Abs. 2 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.
Dieser Fall zeigt exemplarisch, wie wichtig eine sorgfältige aussagepsychologische und beweisrechtliche Analyse in Sexualstrafverfahren ist. In Konstellationen ohne objektive Beweismittel entscheidet die Qualität der Verteidigung darüber, ob ein bloßer Verdacht zu einer Anklage führt – oder das Verfahren eingestellt wird.
