Staatsanwaltschaft Rostock stellt Ermittlungsverfahren wegen Vergewaltigung ein.
Mein Mandandt sah sich mit dem Vorwurf sexuellen Übergriffs, sexueller Nötigung und Vergewaltigung konfrontiert. Aufgrund einer nicht-intentionalen Falschaussage stellte die Staatsanwaltschaft Rostock das Ermittlungsverfahren ein.
Bedauernswerte Zeugin
Wäre da nicht der Schaden für meinen Mandanten in Form monatelanger Belastung als Beschuldigter der Vergewaltigung, könnte man hier fast Mitgefühl für die Belastungszeugin haben. Denn ihre Aussage ist ein „Muster-Beispiel“ für eine nicht-intentionale Falschaussage. Eine Falschaussage also, von deren Richtigkeit die Zeugin indes subjektiv uneingeschränkt überzeugt ist; also subjektiv davon überzeugt, die in ihrer Belastungsaussage geschilderten und erheblichen Sexualstraftaten tatsächlich erlebt zu haben.
Auch war es nicht sie, die die Strafanzeige gegen meinen erstattete; vielmehr kam das Strafverfahren durch eine Mitteilung der Psychiatrischen Klinik, in welche die Zeugin sodann „flüchtete“ gegenüber der Staatsanwaltschaft Rostock in Gang.
Erfährt die Polizei oder Staatsanwaltschaft von dem anfänglichen Verdacht einer Straftrat, muss sie diese grundsätzlich von Amts wegen auch ohne Anzeige verfolgen, sog. Legalitätsprinzip.
Ausnahmen gelten bei den Antragsdelikten; und einzig für die Staatsanwaltschaft bei offenkundiger Geringfügigkeit der Schuld, § 153a StPO oder dann, wenn weitere und schwerer wiegende Straftaten gegenüber dem Beschuldigten zu verfolgen sind, § 154 StPO.
Vorliegend kam es zu einer Anzeige von Amts wegen, nachdem die Zeugin in der Psychiatrie Angaben zu dem verfahrensgegenständlichen Geschehen in Anwesenheit der zuständigen Kriminalbeamtin machte.
Der Tatvorwurf
Konfrontiert sah sich mein Mandant mit dem Vorwurf sexuellen Übergriffs, sexueller Nötigung und Vergewaltigung. Mein Mandant und die Zeugin hatten sich über die Dating-App „Bumble“ kennengelernt. Er habe der Zeugin bereits beim ersten Kennenlernen in der Öffentlichkeit beim Spazierengehen in die Hose gefasst und unter der Kleidung deren Vagina berührt. Nach zunächst einvernehmlichem Sex in der Wohnung der Zeugin habe mein Mandant sodann drei weitere Male gegen den Willen der Zeugin den Beischlaf ausgeführt, wobei diese ihren entgegenstehenden Willen nicht zu erkennen gegeben hat. Sodann habe mein Mandant die Zeugin gezwungen, ihr Sexspielzeug, einen Dildo, in den Mund zu nehmen, anderenfalls würde er sie nackt einsperren. Zudem habe er die Zeugin während der gesamten Zeit in der Wohnung dazu gezwungen, nackt zu bleiben.
Bestreitende Verteidigererklärung
Mein Mandant wies die Vorwürfe der Zeugin entschieden als unwahr zurück. Es sei an diesem Tag ausnahmslos zu einvernehmlichem Sex gekommen und bereits eine Woche vorher habe man sich erstmals zu einem Spaziergang getroffen. Beim ersten Treffen sei es zu keinerlei Intimitäten gekommen und vielmehr habe er sie auch bei einem zweiten Treffen am Tag vor der vermeintlichen Tat nur bis an die Haustür begleitet.
Zur Begründung der nicht beabsichtigten Falschaussage
Nachweislich litt die Belastungszeugin u.a. an einer Angststörung, Hypochondrie, mittelschwerer Depression sowie devotem Verhalten im Zusammenhang mit sexueller Perversion.
Hierdurch stand bereits die allgemeine Aussagetüchtigkeit der Zeugin massiv in Frage.
Die allgemeine Aussagetüchtigkeit bedeutet die grundlegende kognitive Fähigkeit einer Person, eine verwertbare Aussage zu machen.
Sie muss also kognitiv dazu in der Lage sein, autobiografisch Relevantes richtig wahrzunehmen, das Wahrgenommene bis zum Zeitpunkt der Aussage im Gedächtnis zu speichern und anschließend sprachlich verständlich ohne Verfälschungen wiederzugeben. Zudem über Kontrollmöglichkeiten gegenüber Suggestiveinflüssen verfügen sowie Erlebtes von Phantasievorstellungen oder unbeteiligten Beobachtungen unterscheiden können.
Über diese Fähigkeit verfügte die Zeugin, wie wir in der Verteidigererklärung ausführen konnten, erkennbar nicht.
Entsprechend war für die Verteidigung der eklatante Widerspruch zwischen der von der Zeugin angegebenen Angst während den sexuellen Interaktionen und deren tatsächlichen Verhalten gegenüber meinem Mandanten herauszuarbeiten. Denn auf der Grundlage des tatsächlichen Verhaltens der Zeugin wäre für diesen der innere Widerstand und die Panik der Zeugin gegenüber den sexuellen Handlungen nicht zu ahnen, geschweige denn zu erkennen gewesen.
Auf dieser Grundlage stellte die Staatsanwaltschaft Rostock das Ermittlungsverfahren auch ein.