Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main stellt das Ermittlungsverfahren wegen sexueller Nötigung und versuchter Vergewaltigung ein
Dank einer fundierten Verteidigererklärung war eine Anklageerhebung nicht zu rechtfertigen. Entsprechend wurde das Ermittlungsverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.
Widersprüchliche Angaben
Der Tatvorwurf
Mein Mandant sah sich mit dem Vorwurf sexueller Nötigung und versuchter Vergewaltigung zum Nachteil der Zeugin konfrontiert. Die Belastungszeugin und er waren damals befreundet. Nach einem Streit mit ihrem damaligen Freund habe sich die Zeugin von meinem Mandanten, abholen lassen. Um spazieren zu gehen, habe man an einem Feld am Waldrand angehalten. Bereits auf der Fahrt habe mein Mandant die Hand auf den Oberschenkel der Zeugin gelegt und intime Fragen an sie gestellt, etwa ob sie „gut blasen“ könne.
Nach einem kurzen Spaziergang habe mein Mandant die Zeugin näher an sich gezogen, seine Hand unter ihren Rock gelegt und sein Gesicht näher an sie gelehnt, wobei diese permanent gesagt habe, dass sie dies nicht wolle und zurück zum Auto möchte. Mein Mandant habe trotzdem zunächst weitergemacht.
Auf dem vermeintlichen Weg zurück zum Auto habe mein Mandant die Zeugin in einen Wald gezogen, die Hose heruntergelassen und sie aufgefordert, sie solle ihm „einen blasen“. Sie habe dies verneint. Daraufhin habe mein Mandant sie an den Haaren hochgezogen und geküsst. Die Zeugin sei weggelaufen und habe geschrien, dass so etwas nicht gehe.
Mein Mandant sei der Zeugin dann hinterhergelaufen, habe sie auf einer Bank auf seinen Schoß gezogen und ihre Hand auf seinen Penis gelegt. Er habe seine Hände unter ihren Rock gemacht und versucht, ihre Unterhose wegzuschieben. Er habe sie erneut geküsst. Auch habe er unter ihr T-Shirt und ihren BH gefasst. Die Zeugin habe permanent gesagt, sie wolle dies nicht, er solle aufhören und sie wolle gehen. Er habe jedoch weitergemacht, sie festgehalten und zwischenzeitlich versucht zu überreden.
Schließlich habe mein Mandant sich entschuldigt und ihr angeboten, sie zum Bahnhof zu fahren. Er habe zudem damit gedroht, ihr das Leben zu ruinieren, wenn sie sich zu dem Vorfall äußert. Auf der Fahrt zum Bahnhof habe er der Zeugin erneut unter den Rock gegriffen und sei mit zwei Fingern bis etwa zu deren Hälfte in ihre Vagina eingedrungen. Dies habe ihr wehgetan. Die Zeugin habe sich gewehrt, mein Mandant habe schließlich von ihr abgelassen.
Bestreitende Erklärung der Verteidigung
Im Rahmen unserer Verteidigererklärung wies mein Mandant die Vorwürfe sexueller Übergriffe der Zeugin entschieden zurück.
Vielmehr habe die Zeugin meinen Mandanten an dem Tag angerufen und er habe sie im Anschluss abgeholt. Zuvor sei es zu einem Kontakt über Snap Chat gekommen, wobei die Zeugin ihn gefragt habe, ob er Gefühle für sie habe, da sie ihm etwas sagen müsse. Aus Neugier habe er dies bejaht. Daraufhin habe die Zeugin ihm geschrieben, dass sie selbst für ihn ebenfalls mehr als Freundschaft empfinde und mit ihm zusammen sein wolle.
Als sie später in sein Auto gestiegen sei, habe sie auf ihn den Eindruck gemacht, Betäubungsmittel konsumiert zu haben. Diese Annahme sei auch nicht abwegig gewesen, da sie auch zuvor schon Bilder gesendet hatte, auf denen die Betäubungsmittel konsumiert hatte.
Bei einem Spaziergang habe man sich unter anderem über die Beziehung der Zeugin und deren Freund unterhalten. Richtig sei, dass er bei dem Gespräch seine Hand auf ihr Knie gelegt habe; weitergehende Handlungen, wie etwa, dass er die Zeugin im Intimbereich angefasst haben soll, habe es nicht gegeben.
Weiter unrichtig sei die Aussage, mein Mandant habe die Zeugin aufgefordert, ihn oral zu befriedigen. Etwaige Handlungen, wie auch, dass mein Mandant seine Hose ausgezogen habe, hätten zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Vielmehr seien die Beteiligten in lockerem Abstand, nicht nebeneinander, hergelaufen. Es habe auch kein, wenn auch spaßiges, Weglaufen der Zeugin und um Hilfe rufen gegeben. Auch sei sein Auto immer in Sichtweite gewesen, sodass ein Irreführen der Zeugin, um sie in ein Waldstück zu locken, absurd sei. Schließlich habe mein Mandant die Zeugin zum Bahnhof gefahren.
Einstellungsgründe
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main stellte das Ermittlungsverfahren auf unsere Verteidigererklärung hin mangels hinreichendem Tatverdacht gegen meinen Mandanten ein.
Aufgrund der Tatsache, dass die Aussage meines Mandanten der Aussage der Zeugin gegenübersteht, musste die Aussage der Zeugin auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden. Entscheidend ist hierbei, dass die Angaben der Zeugin frei von Widersprüchen sind. Die Staatsanwaltschaft gelangte jedoch zur Überzeugung, dass dies vorliegend eindeutig nicht der Fall war. Die einzelnen Aussagen der Zeugin wurden abgeglichen und wichen stark voneinander ab. Es lagen verschiedene Schilderungen der vermeintlichen Tat vor.
Zwar konnte seitens der Staatsanwaltschaft nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass mein Mandant am Tattag tatsächlich sexuelle Handlungen gegen den Willen der Zeugin vorgenommen hat. Welche und wie viele Handlungen genau, konnte anhand der vorliegenden Ermittlungsergebnisse und Beweismittel jedoch nicht mit einer zur Verurteilung gereichenden überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Daher war eine Anklageerhebung nicht zu rechtfertigen. Entsprechend war das Ermittlungsverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts einzustellen.
Fazit
Die in diesem Fall sehr sorgfältige Entscheidung der Staatsanwaltschaft zeigt ein weiteres Mal, wie bedeutsam eine fundierte Verteidigererklärung im Ermittlungsverfahren ist, die gegenüber der Staatsanwaltschaft die Erinnerung und Sichtweise des Mandanten zu dem fraglichen Geschehen aufzeigt. Und darüber hinaus Widersprüche in der Belastungsaussage herausarbeitet sowie die Belastungsaussage einer kritischen aussagepsychologischen Prüfung, also Prüfung der Glaubhaftigkeit, unterzieht.